Gesucht: Chefs mit viel Bio in der Cuisine

21. Juli 2023

Ein neues Label exklusiv für Restaurants mit biologischer Küche: Projektleiter Reto Thörig von Bio Suisse sagt, wer vom neuen Label Bio Cuisine profitieren kann.

Reto Thörig, zurzeit arbeiten Sie an der Lancierung des Labels Bio Cuisine bei Bio Suisse. Worum geht es?

Vom Detailhandel wissen wir, dass viele Konsumentinnen und Konsumenten dem Label «Bio» den Vorzug geben. Auf der anderen Seite gibt es zahlreiche Restaurants, die in weiten Teilen auf biologisch produzierte Nahrungsmittel setzen - dies aber bisher nicht breit vermarkten. Hier wollen wir eine Brücke bauen. 

Es sollen Restaurants zertifiziert werden, die mindestens 30 Prozent ihrer Zutaten, gemessen am Einkaufswert, aus biologischer Produktion beziehen. Dafür gibt es einen Stern. Wer bei 60 Prozent ist, bekommt zwei. Und bei 90 Prozent sogar drei. Entsprechende Schulung des Personals und eine Plakette für den Restauranteingang gehören selbstverständlich ins Päckli. 

Wie viele Restaurants möchten Sie bis Ende Jahr auf Ihrer Liste haben?

Anfang April haben wir das Label lanciert, bereits sind ein gutes Dutzend Betriebe zertifiziert. Und viermal so viele sind im Zertifizierungsprozess. Wenn Sie eine konkrete Zahl möchten: 142 Restaurants sollen es bis Ende 2023 sein. 

142 Restaurants? Wie kommen Sie genau auf die Zahl?

Ein interner Witz. Ich mag keine runden Zahlen, aber mit unserem Leiter Qualitätssicherung habe ich trotzdem eine Wette bezüglich des Erfolgs des Labels abgeschlossen. Es geht um ein Abendessen in einem guten Restaurant. 

Apropos «Gutes Restaurant». Das ist ja ein relativer Begriff. Welche Form von Gaststätten möchten Sie für das Label gewinnen?

Wir sind für den Foodtruck ebenso offen wie fürs 18-Punktelokal. GaultMillau-Restaurants haben wir natürlich besonders gern. Weil die Chefs dort einerseits schon Bekanntheit in der breiten Bevölkerung haben. Andererseits, weil sie Konstanz mitbringen. Die Gastronomie verändert sich teilweise fast täglich. Aber es dauert Jahre, bis ein Landwirtschaftsbetrieb auf Bio umgestellt hat. Und darum ist uns Verlässlichkeit schon willkommen. 

Mehr zum neuen Label Bio Cuisine

Das Label Bio Cuisine zeigt den Gästen, wie viel Nachhaltigkeit sie auf dem Teller erwartet. Bio Cuisine ist dreistufig aufgebaut und zeichnet den Anteil an Bio- sowie Knospe-Produkten im Betrieb aus. Basis ist der Einkaufswert der Lebensmittel und Getränke. Gault&Millau Schweiz unterstützt diese Bio-Cuisine-Initiative.

Weiterer Aufwand?

Es fallen pro Betrieb, je nach Grösse, Kosten von jährlich etwa 250 Franken an. Und eine kleine Schulung muss absolviert werden. 

Und was haben die Gastronomiebetriebe vom neuen Label Bio Cuisine?

Die Restaurants werden Teil eines schweizweit operierenden Netzwerkes. Wir kommunizieren eine entsprechende Empfehlungsliste aktiv. Und ganz bestimmt werden so Produzentinnen und Gastgeber, Bauern und Köchinnen zusammenfinden, die sich bisher noch nicht kannten. 

Wie gut ist die Schweiz überhaupt, wenn es um Bio geht?

Klar gibt es schöne Olivenöle aus Italien oder biologische Himbeeren aus Spanien, die für das Zertifikat mitgezählt werden dürfen - aber das kann ja nicht der Sinn der Sache sein. Wir haben in der Schweiz ja etwas, was uns stark von anderen Ländern unterscheidet: all diese Cluster, in denen sich in einer kleinen Region gleich zig Bio-Landwirtschaftsbetriebe tummeln.  

Im Kanton Neuenburg sind beispielsweise mehr als die Hälfte aller Weinkellereien bio. Im Berner Seeland gibt es unfassbar viel biologisch produziertes Gemüse. Hier im Bündnerland, wo ich gerade bin, gibt es gleich mehrere Täler, wo man als Gastwirt die Kriterien fürs Label bereits erfüllt hat, wenn man auf regionale Produzenten setzt. 

Und was sind Ihre liebsten Bio-Produkte?

Bei Kartoffeln vom Maienbühl in Riehen (BS) sehe ich einen Mehrwert, sie sind für mich viel geschmackvoller als herkömmliche Ware und natürlich regional. Die beste Butter der Welt kommt von der Fromagerie des Reussilles im Berner Jura, da kaufe ich immer gleich ein ganzes Kilo! Nicht zuletzt bin ich ein riesiger Fan des Bio-Fleischs von Nina Hitz in Churwalden. Sie lässt ihre Tiere erst 3- oder 4-jährig schlachten und getötet wird auf dem Hof. 

Interview: Daniel Böniger, Fotos: Olivia Pulver.  leicht gekürzte Version, Original und Erstpublikation bei Gault&Millau

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