Der Bundesrat schlägt vor, das Moratorium für die Freisetzung von genveränderten Organismen im Schweizer Gentechnikgesetz um weitere vier Jahre zu verlängern. Ist das beruhigend oder die Ruhe vor dem Sturm?
Eva Gelinsky: In seinem Vorschlag schreibt der Bundesrat explizit, er wolle in diesen vier Jahren die Entwicklung in der EU beobachten. In einer kürzlich publizierten Studie der EU-Kommission steckt klar erkenntlich der Wille, bestimmte Bereiche der neuen Gentechnik vom Gesetz auszunehmen. Nun wird bei uns – wie bereits in der EU – ein heftiger Streit losgehen um das künftige Gentechnikrecht. Sollte es in der EU Ausnahmen geben, wird die Schweiz voraussichtlich nachziehen. Insofern sind diese vier Jahre keine Beruhigung.
Wie unterscheiden sich neue und alte Gentechnik?
Die alte Gentechnik ist durch die verwendete Genkanone nicht nur ziemlich brachial, sondern auch sehr unpräzise. Man schiesst dabei Wolframkügelchen mit der neuen DNA auf die Zelle, also mit der Eigenschaft, die man einbringen möchte. Diese baut sich dann sehr zufällig – wenn überhaupt – irgendwo ein. So dauert es lange, bis man den gewünschten Effekt erreicht. Die neue Gentechnik kann mindestens gemäss Theorie bestimmte Stellen im Genom ansteuern. Dort trennt man beispielsweise mit der Genschere Crispr/Cas den DNA-Doppelstrang auf. Die Zelle versucht, diesen massiven Schaden zu reparieren. Dabei passieren Fehler und das ist gewünscht. Denn so werden bestimmte Genfunktionen ausgeschaltet, es kommt zu einem «Knock-out».
Wozu dient ein solcher Knock-out?
Damit lassen sich zum Beispiel Oxidationsprozesse unterdrücken, eine so veränderte Kartoffel läuft nach dem Anschneiden nicht mehr braun an. Bei Schweinen führt das Ausschalten von Genen, die das Muskelwachstum begrenzen, zu sogenannten Doppelmuskelschweinen. Das unkontrollierte Muskelwachstum dient der weiteren Leistungssteigerung.